Als Paar auf Weltreise

Was macht eine solche Reise mit einem als Paar?

Wir beide sagen immer, dass wir unglaubliches Glück haben. Denn nicht nur, dass wir überhaupt in der Position sind, dass wir ein solches Abenteuer erleben können, sondern viel mehr, weil wir einen Partner haben, der sich das Ganze ebenfalls vorstellen kann. Besser noch, einen Partner, der genauso Feuer und Flamme ist und am liebsten schon kurz nach dem Entschluss diese Reise zu unternehmen losgezogen wäre. Vor Abfahrt hatten wir mit unzähligen Leuten, Freunden und Bekannten über unser Vorhaben gesprochen und oft die gleiche Reaktion geerntet: „Ne, das könnte ich nicht. 24/7 immer mit meinem Partner zusammen. Ununterbrochen. Nein, das würde nicht gehen.“ Für uns hingegen war diese Vorstellung überhaupt nicht schlimm. Aber wie ist es denn nun nach fast einem Jahr Weltreise wirklich so als Paar und für die Beziehung?

Wir können schon vorab sagen, dass bei uns bei Weitem nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Manchmal würde man den anderen auch gerne erwürgen oder zumindest kurzfristig zum Schweigen bringen. Manchmal nervt der andere einfach nur oder ist anstrengend. Oder wir geraten über etwas heftig aneinander und es fliegen die Fetzen. Allerdings war das auch zu Hause schon so. Wir sind einfach keines dieser Paare, bei denen immer alles harmonisch läuft und man alles sachlich und ruhig ausdiskutiert. Dafür sind wir beide zu temperamentvoll, zu impulsiv und einfach nicht die Typen. Aber das ist ok und gehört auch dazu. Und wenn es zu Hause ab und an schon mal gekracht hat, obwohl man sich in einem komfortablen, geregelten Umfeld befunden hat, warum sollte es dann in einer permanenten Ausnahmesituation, welche diese Reise zumindest für das Unterbewusstsein darstellt, anders sein? Vor allem, wenn wir uns auch nicht einfach mal aus dem Weg gehen können. Das Hoch der Gefühle ist bereits, wenn wir uns in die Wolle bekommen und anschließend mit 200 Metern Abstand zueinander in die Pedale treten. Aber komplett wegfahren geht nicht. Ebenso wenig wie einfach die Tür zuzumachen. Denn abends heißt es wieder gemeinsam auf die 3 m² ins Zelt zu krabbeln. Da könnte man höchstens in entgegengesetzte Richtung schlafen, vorausgesetzt der Zeltplatz ist komplett eben und die Füße muffen nicht allzu sehr. Es bleibt im wahrsten Sinne des Wortes nicht viel Raum, um einen Streit lange aufrechtzuerhalten, was wiederum recht praktisch ist.

Die Zankereien halten sich aber zum Glück in Grenzen. Und statt genervt von der permanenten Anwesenheit des Partners zu sein, wissen wir diese dagegen viel mehr zu schätzen. Und anstatt die wenigen Male, die wir unterwegs tatsächlich nennenswert voneinander getrennt waren zu genießen, empfinden wir diese Zeit als komisch, weil einfach etwas bzw. jemand fehlt. Wir stellen immer wieder fest, wie schön es ist, dass wir einen geliebten Menschen an unserer Seite haben, mit dem wir alles teilen können. Jemand, der da ist, den man auf Dinge in der Landschaft hinweisen kann, mit dem zusammen man sich über leckeres Obst freuen und den Sonnenuntergang genießen kann. Oft genug sagen wir zu dem anderen „Schön, dass Du auch hier bist“. Aber nicht nur die schönen Dinge kann man teilen, die dadurch gefühlt sogar noch ein Stück besser werden. Sondern man kann auch die schlechten oder unschönen Seiten der Reise teilen, wodurch diese an Kraft oder Schrecken verlieren. Wenn man krank ist und mit Fieber flach liegt, ist dort jemand, der sich um einen sorgt und kümmert. Wenn der Wind mit aller Macht von vorne weht, ist dort jemand, der einem Windschatten spendet. Wenn einen schon wieder ein Autofahrer auf der Straße bedrängt, ist dort jemand der mit einem hupt, dem Fahrer den Finger zeigt und sich anschließend bei einem nach dem Wohlbefinden erkundigt. Wenn man Heimweh hat, nimmt einen jemand in den Arm und spendet Trost.

Es gibt tausende dieser Dinge und Situationen, die einen die Meinungsverschiedenheiten vergessen lassen und einem stattdessen klar machen, was wir für ein unglaubliches Glück haben, einen Partner zu haben, mit dem man das Abenteuer seines Lebens teilen kann. Oft sitzen wir abends vor unserer täglichen Portion Pasta und genießen einfach den Moment, die Anwesenheit des anderen und das Wissen, dass wir uns diesen Platz gewissermaßen erarbeitet haben. Gemeinsam. Hingegen überkommt es uns beim Radfahren, wenn wir ein neues Land erreichen oder „nullen“ (also eine runde Tausenderzahl erreichen). Das Gefühl dabei ist schwer in Worte zu fassen. Zu wissen, dass man das alles als Paar und aus eigener Kraft gefahren ist, ist ein sehr schönes Gefühl, welches uns zudem immer mehr zusammenschweißt.

Trotz all der Schönen Seiten muss man im täglichen Alltag anders miteinander umgehen, als man dies zu Hause vielleicht tun würde. Denn einem muss auch bewusst sein, dass sich beide in der gleichen Situation befinden. Das bedeutet, dass auch der andere ggf. einen langen, kalten und regnerischen Tag hatte und die Nerven daher etwas blank liegen. Aber selbst, wenn man selbst einen guten Tag hatte, kann es dem Partner anders gehen, weil er sich körperlich nicht wohl fühlt oder müde und kaputt ist. Daher haben wir gemerkt, dass wir noch viel mehr auf die leisen Töne achten müssen. Der Ton macht schließlich die Musik. Und oft sind es Kleinigkeiten, die zu Streitigkeiten führen. Auf einer Reise mit so vielen Entbehrungen ist es wichtig mehr Verständnis füreinander zu haben und dem Partner auch, soweit möglich, Freiräume zu geben. So ist es bei uns so, dass Henning morgens gerne noch einen zweiten Kaffee trinkt. Ich möchte eigentlich lieber zügig los, weiß aber auch, dass Henning diesen langsamen Start braucht, um gut in den Tag zu kommen. Und im Grunde tut es mir nicht weh ihm diesen Gefallen zu tun. Also trinke ich auch einfach noch einen zweiten Tee und lasse ihm diese Freiheit. Hingegen möchte ich abends im Zelt gerne noch lesen und möchte für diese halbe Stunde bis Stunde meine Ruhe haben und nicht über Routen, Unterkünfte oder ähnliches Reden. Und diese Ruhe bekomme ich und kann so meinen Tag ausklingen lassen.

Für uns gibt es außerdem eine goldene Regel. Generell kann über alles gesprochen und diskutiert werden. Sagt jedoch einer von uns zu etwas „Nein“, weil er Angst vor etwas hat oder sich mit der Situation nicht sicher fühlt, dann gilt nein. Und dann wird darüber auch nicht weiter diskutiert, sondern diese Tatsache so akzeptiert. Dieser Punkt war uns ausgesprochen wichtig. Da unsere Art der Reise mit vielen Unsicherheiten verbunden ist, müssen wir beide uns innerhalb dieser Unsicherheit dennoch so gut aufgehoben wie möglich wissen. Und zwar beide, daher gilt es Ängste ernst zu nehmen und zu akzeptieren.

Nicht zuletzt bringt diese Reise zu zweit als Paar aber etwas ganz Besonderes mit sich. Man lernt sich teilweise nochmal neu oder intensiver kennen und entdeckt vollkommen unbekannte Seiten am Partner. Das ist wirklich etwas Besonderes für uns, von dem wir sicher sind, dass dies zu Hause nicht so gewesen wäre und wir diese tiefer verborgenen Seiten nicht kennengelernt hätten. Außerdem ist es auch schön zu sehen, wie wir gemeinsam an den täglichen Herausforderungen wachsen, wie die Begegnungen mit Menschen uns prägen und wir uns langsam verändern und zwar zusammen. Wie wir gemeinsam erleben und erfahren, was eigentlich wirklich wichtig ist im Leben und worauf es tatsächlich ankommt.

Wir Zwei sind uns daher absolut einig, dass wir ungemein dankbar dafür sind, dass wir all das miteinander erleben, dass unsere Beziehung dieses Abenteuer erlaubt und aushält und wir gemeinsam lernen und wachsen, die Welt zusammen entdecken und unendlich viele, wertvolle und unvergessliche Erinnerungen schaffen. Das ist für uns unbezahlbar.

Ein Gedanke zu “Als Paar auf Weltreise

  1. Wir 2 Kurzreisenden (nur 2 Monate und nur 3.000 km, und das nur alle 2 Jahre) können nur bestätigen, dass es keine schönere Art des Reisens gibt, als zu zweit alle Schwierigkeiten zu meistern – und das ist nicht nur das Gelände oder die körperliche Tagesform, denn jeder Mensch hat auch seine guten und seine weniger guten Tage. Aber all das wird gemeinsam durchstanden. Wir glauben aber auch zu wissen, dass das nicht allen gelingt. Aber bei Euch beiden sehen wir da kein Problem: Ihr schafft das! Passt aber auf Euch auf, denn Ihr kommt nun in immer fremdere Welten (und diese Courage hätten wir nicht).
    Alles Gute
    Christa + Helmut

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