Es ist nass, es sind 6°C, wir sind seit über drei Stunden bei strömendem Regen in der Kälte unterwegs und sind uns unserer Finger nur bewusst, weil wir sie am Lenker sehen. Spüren tun wir sie nicht mehr. Und während wir unter einer Brücke stehen und bereits den zweiten Platten mit steifen Fingern zu flicken versuchen und um uns herum alles grau, nass und trübe ist, könnte man auf die Idee kommen sich zu fragen, was wir hier eigentlich treiben und was wir uns bloß gedacht haben.




Der Ganze Start war schon irgendwie holprig verlaufen. Zunächst wurde unsere Vorfreude durch den ausgebrochenen Krieg in der Ukraine überschattet. Fassungslos saßen wir vor dem Fernseher und schauten die Nachrichten. Eigentlich hätte schon das dritte Land auf unserer großen Tour genau dieses Land, die Ukraine, sein sollen. Daran war nun natürlich nicht mehr zu denken. Und so machte sich lediglich unsere Ersatzausrüstung ohne uns auf den Weg in die Ukraine, um dort den Menschen zu helfen, die wir nun erst einmal nicht kennenlernen würden. Und so disponierten wir nicht grade enthusiastisch unsere angedachte Route um, sodass wir nun zunächst in den Westen und von dort weiter Richtung Süden fahren würden. Dort werden wir dann weitersehen.
Nachdem wir die Abschiede von Freunden und Familie hinter uns gebracht hatten, fuhren wir jeder mit einem dicken Kloß im Hals und leicht verschwommener Sicht los. Allerdings wurden wir bzw. mehr ich schon nach wenigen Tagen ausgebremst. Am vierten Tag kollidierte ich unsanft mit einer Straßenlaterne. Ich hatte abgelenkt von einem Plakat zur Seite gestarrt und dabei die Laterne, die sich auch wirklich genau mittig auf dem Radweg befand, übersehen. Wer nun blöder ist, – ich, weil ich es geschafft habe einen so dezenten Gegenstand zu übersehen oder die Stadt, die eine Laterne so strategisch unsinnig platziert – sei mal dahingestellt. Mir war glücklicherweise nichts passiert, sondern nur meinem Gepäck. Eine meiner Hinterradtaschen war abgerissen und die Halterung gebrochen. Nicht dramatisch, aber nach nicht mal einer Woche einfach nur nervig und ärgerlich. Ein paar Tage später verlor Henning bei einer seiner Taschen die Mutter zur Fixierung der Taschen, sodass diese bei jeder Unebenheit mit ihrem gesamten Gewicht gegen das Fahrrad schlug und alles zum Wanken und Wabbeln brachte. Und dann war da noch der Umstand, dass Henning eines Morgens mit dem Hintern auf dem Boden aufwachte. Seine Isomatte hatte über Nacht Luft verloren. Nach einer kurzen Überprüfung war klar, dass das Ventil undicht war. Sprich die Matte musste zurück zum Hersteller. Damit Henning in der Zwischenzeit nicht auf dem Boden schlafen muss, hat seine Mutter uns eine Matte für die Übergangszeit zugeschickt. Da wir aber keine feste Adresse mehr haben, hatten wir das Pakt an eine Poststelle in Trier schicken lassen. Dort angekommen, erklärte uns jedoch der dortige Mitarbeiter so unfreundlich wie nur möglich, dass sie sich in der Filiale weigern solche Pakete anzunehmen. Entsprechend hatten sie auch die Annahme von unserem Paket verweigert und sich dieses schon wieder auf dem Rückweg, weg von uns befand.
Während wir aber inzwischen unter der Brücke unsere Stühle rausgeholt haben, uns einen Tee kochen und den Regen Regen sein lassen, fallen uns dann auch wieder die wunderbaren Momente ein, die uns jedes Mal wissen lassen, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. So hatten wir die erste Woche bestes Kaiserwetter und keinen Tropfen Regen. Außerdem denken wir an Gian-Luca aus Italien, der mit seinen 57 Jahren bereits seit über zwei Jahren mit dem Fahrrad um die Welt tourt. An den über 70-jährigen Bodo, der keine Mühen gescheut hat nach meinem Date mit der Laterne in seinem Keller nach einem passenden Ersatzteil für uns zu suchen und – nachdem er keines gefunden hat – uns noch 20 km geleitete, da er sicher gehen wollte, dass wir auch den richtigen Weg finden und uns unterwegs noch an diversen Radläden vorbeiführt, die vielleicht an seiner Stelle helfen könnten. Dann ist da der gut gelaunte Marktladenbesitzer, der uns nicht nur unsere Wasserflaschen gefüllt, sondern uns auch noch leckere Mandarinen geschenkt hat, weil die Vitamine gut fürs Immunsystem sind. Der freundliche Mechaniker, der Henning so unkompliziert mit seiner Fixierung für die Tasche geholfen hat. An den raderprobten Holger, der uns abgefangen hat, um sich ausgiebig mit uns zu unterhalten, uns für Frankreich gute Radfahrkarten und Radfahrorte zu zeigen und unser Wasser aufzufüllen. An das herzliche Ehepaar, das uns in seinem Gemüsegarten hat übernachten lassen und all die anderen freundlichen Menschen, die uns Wasser gegeben, mit dem Weg weitergeholfen oder sich einfach nur mit uns unterhalten haben. Und dann noch an Maria. Die uns, als wir das Problem mit dem zurückgeschickten Paket hatten ihr zu Hause geöffnet und uns einfach so bei sich in Trier hat schlafen lassen, bis wir das ganze vernünftig geregelt bekommen hatten.








Aber es läuft eben nicht immer nur rund. Wäre es auch nicht, wären wir zu Hause geblieben. Nur dort sind es dann eben andere Probleme und in seinem bekannten Netzwerk und der gewohnten Umgebung lassen sich diese teilweise auch schneller und unkomplizierter lösen. Aber wie wir zum Glück auch wissen: Auf Regen folgt Sonnenschein und der nächste Platten kommt bestimmt.
Ich freue mich schon auf den nächsten Bericht und hoffe auf keine Zwischenfälle,in den nächsten Wochen,für euch
LikeLike
Oh man…. Klingt nach guter Mischung. Ich denke trotzdem richtige Entscheidung… wird sich einpacen! Und das Wetter spielt für euch, die Hinmelsrichtung auch!
Was du nicht geschrieben hast, was ist mit der Halterung deiner Tasche? Und ist die Luftmatratze ersetzt worden?
Ich finde euch super cool, mutig und vorbildhaft!
LG
Jan
LikeLike
Hallo Jan,
die Halterung von meiner Tasche war nicht mehr zu reparieren und wir haben zum Glück in Köln in einem großen Geschäft Ersatz gefunden, sodass wir diese austauschen konnten. Jetzt habe ich wieder eine funktionierende Halterung.
Und die undichte Isomatte haben wir zum Hersteller geschickt, nachdem wir uns eine Ersatzmatte, die wir noch bei Hennings Eltern hatten, haben zukommen lassen. Da der Hersteller 4 – 6 Wochen Zeit hat, um sich um eine Reparatur oder einen Austausch zu kümmern, bräuchten wir eine vernünftige Matte bei den aktuellen Temperaturen.
Liebe Grüße
LikeLike